Vorschläge des ABVP e.V. für die ambulante Pflege zum Umgang mit dem Coronavirus

 

Der eigens eingerichtete Krisenstab des ABVP hat mehrere Szenarien durchgespielt, die auf die ambulante Pflege aufgrund der aktuellen Situation mit dem Coronavirus zukommen könn-ten. Hierzu unterbreitet er Handlungsvorschläge, die kurzfristig umgesetzt werden können.

Szenarien
Es kann und muss damit gerechnet werden, dass

• die Beschäftigten in der Pflege erkranken bzw. unter Quarantäne gestellt werden
• Kindertagesstätten, Kindergärten, Schulen und ähnliche Institutionen geschlossen wer-den und Beschäftigte diesbezüglich ausfallen
• Patienten erkranken und der Zeitbedarf durch Hygienemaßnahmen enorm steigt
• Leitungskräfte ausfallen und administrative und qualitative Tätigkeiten nur einge-schränkt erbracht werden können
• Pflegepersonen und Angehörige durch Erkrankung oder Quarantäne ausfallen und die Pflegedienste kurzfristig mehr Pflegeleistungen übernehmen müssen (z.B. der Sohn kann und darf nicht zum pflegebedürftigen Vater)
• Tagespflegeeinrichtungen geschlossen werden müssen und die Pflegedienste mehr Leistungen erbringen müssen
• Arztpraxen unter Quarantäne stehen und keine Verordnungen und Rezepte ausstellen können
• Krankenhäuser keine Patienten mehr aufnehmen können und Schwerkranke zuhause verbleiben
• Palliativteams ausgelastet sind und Tätigkeiten auf Pflegedienste übertragen müssen
• Pflegeheime keine Aufnahmen tätigen und mehr Patienten nach Hause entlassen wer-den
• durch den drohenden Personalausfall starke Umsatzeinbußen bei den ambulanten Pflegediensten eintreten werden
• die sterile Versorgung der Pflegebedürftigen aufgrund der jetzt schon fehlenden Desin-fektionsmittel gefährdet ist.

Hier entsteht ein enormer Zuwachs an Aufgaben und Herausforderungen für die ambulanten Pflegedienste. Der Fokus muss in diesen Zeiten aber gerade auf der Versorgung der zu Pfle-genden liegen. Es kann nicht im gleichen Maße wie bisher beraten und geschult werden, struk-turierte Informationssammlungen angepasst sowie umfangreiche Dokumentationen erstellt werden. Ambulante Pflegedienste dürfen daher nach Abklingen der Epidemie nicht mit eventu-ellen schlechten Noten einer MDK-Prüfung bestraft werden, nur weil sie ihre aufgrund der ak-tuellen brisanten Lage geringeren Zeit- und Personalressourcen in die Pflege statt der Doku-mentation investiert haben.

Die ambulanten Pflegedienste sind diejenigen, die die schwächsten Risikopatientinnen und -patienten der Gesellschaft pflegen und schützen müssen. Im Umkehrschluss muss in dieser Situation auch die ambulante Pflege geschützt werden. Wenn die ambulante Pflege nicht ge-schützt und massiv unterstützt wird, kann das zu Todesfällen führen, die vermeidbar wären.

Vor diesem Hintergrund und unter Betrachtung dieser nicht sehr unwahrscheinlichen Progno-sen, hält es der ABVP für angemessen, dass

• Prüfungen des MDK, mit Ausnahme von Anlass- und notwendigen Wiederholungsprü-fungen, für einen gewissen Zeitraum ausgesetzt werden. Kein Pflegedienst kann unter den oben aufgeführten Umständen die Qualität der Pflegedokumentation etc. perma-nent aufrechterhalten
• Fortbildungsverpflichtungen für das Jahr 2020 reduziert bzw. ausgesetzt werden
• die Genehmigungsfristen für die Verordnungen für häusliche Krankenpflege erweitert werden, da mit der verzögerten Ausstellung von Verordnungen zu rechnen ist und not-wendige Unterschriften wahrscheinlich schwer einzuholen sind
• es eine zentrale Stelle zur Bestellung und Vorhaltung für Schutzausrüstung geben soll-te, die z.B. der MDK koordinieren könnte
• die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des MDK als Berater für betroffene Familien, Pfle-gebedürftige, Angehörige, Pflegedienste usw. zur Verfügung stehen sollten. Sie könn-ten die Pflegeinrichtungen bei der Umsetzung von Hygienemaßnahmen unterstützen, und nicht nur prüfen
• die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des MDK auch koordinierende Tätigkeiten über-nehmen können, falls Pflegedienste ihre Arbeit vorübergehend einstellen müssen. Die MDKen verfügen über viele examinierte Kräfte, die allen Bürgern in dieser Zeit zur Ver-fügung gestellt werden könnten
• der Entlastungsbetrag gemäß § 45b SGB XI für Pflegeleistungen geöffnet und der Ver-fall von Guthaben aus 2019 ausgesetzt werden sollte, um die kurzfristige Finanzierung von eventuellen zusätzlichen Pflegeinsätzen zu sichern
• man mit Leistungen bzw. ungenutzten Guthaben aus 2019 bei der Verhinderungs- und Kurzzeitpflege ähnlich verfahren könnte
• zusätzliche Gelder für z.B. Tagespflege zeitlich befristet auch für Pflegeinsätze nutzbar sein sollten
• in Großstädten Sonderparkregelungen für Pflegedienste zeitlich begrenzt eingeführt werden (gerade bei Quarantäne sind mehr Leute zu Hause und die Parkplätze beson-ders gefüllt)
• der Umgang mit § 37 Abs. 3 SGB XI gelockert werden sollte, da Pflegedienste eventu-ell nicht über die Beratungskapazität verfügen

Die ambulanten Pflegedienste sind bereit diesen wichtigen Beitrag zu leisten. Dies geht aber nicht allein, sondern nur gemeinsam. Die ambulante Pflege benötigt während der Epidemiephase Unterstützung und keine zu diesem Zeitpunkt belastenden Tätigkeiten!

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