Pflegebonus - von Franziska Arsenijevic

Das Statement einer Pflegedienst-Inhaberin, einer Pflegefachkraft und einer Kollegin

 

Franziska Arsenijevic

„Erneute Abwertung unserer Leistungen in der Langzeitpflege, Tagespflege und ambulanten Pflege – Die Ungleichbehandlung durch den Pflegebonus"

„Alten- und Krankenpflege: Eine Milliarde Euro für ‚besonderen Einsatz'" heißt die Schlagzeile der Tagesschau am 30.03.2022. Und für alle, die in unserer schnelllebigen Zeit oft nicht mehr als die Überschrift und die ersten drei Sätze lesen, klingt das nach einer absoluten Wertschätzung und einer anerkennenden Maßnahme für uns – die in Coronazeiten unter Druck geratenen Pflegemitarbeiter. Jede Pflegefachkraft, die weiterliest, wird wohl merken, wie sich die Stirn immer mehr zu Zornesfalten legt.

Der Bundesgesundheitsminister, Prof. Dr. Karl Lauterbach, brachte einen Gesetzentwurf vor, der eine Bonuszahlung an Pflegekräfte vorsieht. Insgesamt eine Milliarde Euro sollen an die Pflegekräfte von Kliniken und Heimen ausgezahlt werden, um sich für den Beistand und den besonderen Aufwand innerhalb der Coronapandemie erkenntlich zu zeigen. Dabei werden die Gelder je zur Hälfte an die Alten- und Krankenpflege ausbezahlt.


50:50 klingt erst einmal nach einem fairen Angebot. Doch blickt man auf die absoluten Zahlen, sieht der Plan vor, dass Pflegefachkräfte in Kliniken rund 1.700€, Intensivpfleger sogar 2.500 € erhalten sollen, während für die Pflegefachkräfte von Altenpflegeeinrichtungen zwischen 370€ und 500€ vorgesehen sind. Begründet wird dieser Unterschied mit der aktiven Pflege von Covid19 Patienten, mit Krankenhausrelevanten Verläufen.


Die Bundesregierung sendet damit eine eindeutige Botschaft an die ebenso hart arbeitenden Pflegefachkräfte in der Langzeitpflege: Unsere Arbeit hat wohl nur ein fünftel an Wert. Wir haben uns im Gegensatz zu KlinikmitarbeiterInnen wohl nur zu einem fünftel in Gefahr begeben. Die versprochenen Bonuszahlungen nur einem kleinen Kreis von Pflegekräften zukommen zu lassen, ist ungerecht und spaltet die Pflege.


Wenn dies die Denkweise unseres Bundesgesundheitsministers ist, stellen wir uns die Frage, was gefährlicher sei: Bewusst in eine Gefahrensituation zu kommen und sich vorab entsprechend schützen zu können oder aber nichts ahnend in eine Gefahrensituation zu kommen? Selbstverständlich waren auch wir vor jedem Hausbesuch vorbereitet. Wir ergriffen die wichtigen und richtigen Schutzmaßnahmen. Wir wussten, dass das Virus bildlich hinter jeder Tür lauern konnte. Aber wir wussten es nie zu 100%.


Auch in der häuslichen Pflege haben wir Covid19 Patienten versorgt. Wir haben ebenso leichte wie schwere Verläufe gesehen. Wir haben ebenso Patienten an das Virus verloren. Während unsere PatientInnen sich nicht impfen lassen müssen, sind wir nun zur Impfung verpflichtet. Bei der Impfpflicht macht die Bundesregierung genauso wenig einen Unterschied zwischen Klinik, Heimen und Pflegediensten, wie bei den meisten anderen Restriktionen, die uns oft nicht betreffen und dennoch für uns gelten.


Den Pflegefachkräften in der Alten- und Krankenpflege von teilstationären und ambulanten Pflegediensten leisten einen enormen Teil im Gesundheitssystem. Präventive Versorgungen verhindern oft einen Krankenhausaufenthalt. Wir arbeiten im Schichtbetrieb und sind von vielen äußeren Einflüssen, wie der Verkehrslage, freien Parkplätzen und der Mitarbeit der Familienangehörigen abhängig.


Unsere tägliche Arbeit trägt zu gleichen Teilen zur Gesundhaltung der Bevölkerung teil. Wir haben uns zu gleichen Teilen in Gefahr begeben. Wir haben zu gleichen Teilen mit den geltenden Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie beigetragen. Daher empfinden wir die Unterscheidung bei einer Anerkennung für nicht gerechtfertigt und fordern eine Gleichstellung aller Pflegekräfte der Bundesrepublik. Wir fordern eine Aufteilung des Pflegebonus zu gleichen Teilen.


Die ambulante Pflege ist das Rückgrat des Systems!

Franziska Arsenijevic, Geschäftsführerin Pflegemobil GmbH, Scheinfeld